In den letzten Jahren hat die Idee der gewichtsneutralen Gesundheitsförderung, oft auch unter dem Begriff “Health at Every Size” (HAES) bekannt, immer mehr Aufmerksamkeit erlangt. Diese Herangehensweise stellt die Gesundheit in den Vordergrund, ohne das Gewicht als primären Indikator für Wohlbefinden oder Fitness zu betrachten. In diesem Blog werden wir die positiven Effekte der gewichtsneutralen Gesundheitsförderung betrachten und diskutieren, welche negativen Auswirkungen Gewichtsstigmata auf die Betroffenen haben können.
Was bedeutet gewichtsneutrale Gesundheitsförderung?
Die gewichtsneutrale Gesundheitsförderung basiert auf der Annahme, dass das Gewicht nicht das alleinige Maß für Gesundheit ist. Stattdessen wird darauf fokussiert, gesunde Lebensgewohnheiten zu fördern – wie zum Beispiel eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichender Schlaf und das Management von Stress – unabhängig vom Körpergewicht. Es geht darum, das Wohlbefinden und die Lebensqualität zu steigern, ohne dabei das Körpergewicht oder den BMI als zentrale Gesundheitsindikatoren zu verwenden.
Positive Auswirkungen der gewichtsneutralen Gesundheitsförderung
Die gewichtsneutrale Gesundheitsförderung kann Menschen helfen, ein positiveres Verhältnis zu ihrem Körper und zu ihrer Gesundheit zu entwickeln. Einige der wichtigsten Vorteile sind:
1. Verbesserung des Körperbewusstseins und der Selbstakzeptanz: Da das Gewicht nicht im Mittelpunkt steht, können sich Menschen auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden konzentrieren, ohne sich durch Diäten und extreme Maßnahmen zur Gewichtsreduktion gestresst zu fühlen. Dies führt oft zu einer stärkeren Akzeptanz des eigenen Körpers und weniger Selbstkritik.
2. Langfristige gesunde Gewohnheiten: Untersuchungen zeigen, dass Menschen eher an gesunden Gewohnheiten festhalten, wenn diese nicht zwanghaft mit einem Ziel zur Gewichtsreduktion verbunden sind. Die gewichtsneutrale Gesundheitsförderung motiviert Menschen dazu, Bewegung und eine gesunde Ernährung als Teil ihres Alltags zu integrieren, weil sie ihnen gut tun – nicht weil sie abnehmen “müssen”.
3. Reduzierung von Essstörungen: Das ständige Streben nach einem bestimmten Gewicht oder einer bestimmten Figur kann zu Essstörungen führen. Wenn der Fokus auf dem Wohlbefinden statt auf dem Gewicht liegt, werden zwanghafte Essmuster und strenge Diäten weniger relevant, was wiederum das Risiko von Essstörungen reduziert.
4. Mehr psychisches Wohlbefinden: Wenn das Gewicht nicht mehr als Wertmaßstab für Gesundheit oder Erfolg verwendet wird, reduziert sich der Stress, der mit Diäten und Körperbild verbunden ist. Menschen können Freude an Bewegung und gesunder Ernährung finden, ohne das Gefühl zu haben, dass sie “müssen”.
Die negativen Auswirkungen von Gewichtsstigmata
Gewichtsstigmata beziehen sich auf die negativen Vorurteile und Diskriminierungen, die Menschen mit einem höheren Körpergewicht oft erfahren. Diese Stigmatisierung findet nicht nur im sozialen Umfeld statt, sondern ist auch in medizinischen Einrichtungen, den Medien und der Gesellschaft tief verwurzelt. Die Folgen von Gewichtsstigmata sind schwerwiegend und betreffen Betroffene auf körperlicher, emotionaler und psychischer Ebene.
1. Verschlechterte medizinische Versorgung: Viele Menschen mit einem höheren Körpergewicht erleben, dass ihre gesundheitlichen Beschwerden auf ihr Gewicht zurückgeführt werden, unabhängig vom eigentlichen Problem. Dies kann dazu führen, dass ernsthafte medizinische Probleme übersehen oder zu spät diagnostiziert werden. Betroffene zögern oft, ärztliche Hilfe zu suchen, aus Angst, abgewertet oder verurteilt zu werden.
2. Erhöhte psychische Belastungen: Gewichtsstigmata können zu Scham- und Schuldgefühlen, geringem Selbstwertgefühl und Selbstablehnung führen. Die ständige Konfrontation mit negativen Botschaften über das eigene Körperbild wirkt sich stark belastend auf die Psyche aus und kann zu Depressionen, Angstzuständen und chronischem Stress führen.
3. Förderung von ungesunden Verhaltensmustern: Ironischerweise tragen Gewichtsstigmata oft dazu bei, dass Betroffene ungesunde Verhaltensmuster entwickeln. Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die stigmatisiert werden, häufiger zu emotionalem Essen, Vermeidungsverhalten und Bewegungsarmut neigen, da sie sich in ihrer Haut unwohl fühlen und öffentliche Kritik fürchten.
4. Soziale Isolation und Ausgrenzung: Gewichtsstigmata führen oft zu sozialer Ausgrenzung, da betroffene Personen sich aus Scham von sozialen Aktivitäten fernhalten oder ausgeschlossen werden. Diese Isolation kann die psychische Gesundheit weiter beeinträchtigen und das Risiko für depressive Symptome erhöhen.
Fazit: Ein Plädoyer für gewichtsneutrale Gesundheitsförderung
Gewichtsneutrale Gesundheitsförderung ist ein wichtiger Schritt hin zu einer ganzheitlicheren und weniger diskriminierenden Gesundheitskultur. Wenn wir uns von der Fixierung auf das Gewicht lösen, können wir Menschen unterstützen, gesundheitsförderliche Verhaltensweisen zu entwickeln, die auf Wohlbefinden und Lebensqualität abzielen, ohne dass der Fokus auf Abnehmen und Idealgewicht liegt.
Ein gesellschaftlicher Wandel hin zur Akzeptanz von Körperdiversität und zur Bekämpfung von Gewichtsstigmata ist entscheidend für das Wohlbefinden aller Menschen, insbesondere jener, die von Diskriminierung betroffen sind. Wir alle können dazu beitragen, indem wir uns für eine gewichtsneutrale Gesundheitsförderung einsetzen und uns bewusst gegen Gewichtsstigmata aussprechen – sei es im persönlichen Umfeld, in der Gesellschaft oder auch in der medialen Darstellung von Körperbildern.


