In der heutigen Welt ist Stress fast allgegenwärtig – wir hetzen durch den Alltag, versuchen Beruf, Familie und persönliche Ziele unter einen Hut zu bringen und setzen uns gleichzeitig unter Druck, gesund zu leben und idealerweise auch noch schlank zu sein. Doch viele Menschen machen dabei eine frustrierende Erfahrung: Trotz bewusster Ernährung, trotz Bewegung will das Gewicht einfach nicht sinken. Ein möglicher, oft übersehener Grund dafür liegt tief in unserem Inneren – in einem Hormon namens Cortisol.
Cortisol ist nicht einfach nur ein „Stresshormon“, sondern ein zentraler Bestandteil unserer biologischen Antwort auf Belastung. In Momenten der Anspannung oder Bedrohung versetzt es unseren Körper in Alarmbereitschaft. Evolutionär gesehen war das sinnvoll: Der Körper mobilisierte Energie, bereit für Kampf oder Flucht. Doch in unserer heutigen, oft mental belastenden Welt, bleibt diese körperliche Entladung meist aus – die Stressoren sind psychologischer Natur, die physiologische Reaktion aber bleibt bestehen.
Ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel führt dazu, dass der Körper sich im „Sparmodus“ befindet. Er speichert Fettreserven, besonders im Bauchraum, weil er glaubt, dass eine Notlage bevorsteht. Gleichzeitig sinkt oft die Motivation für Bewegung – nicht, weil wir faul wären, sondern weil Stress psychisch ermüdet. Die Energie, die wir bräuchten, um uns zu verändern, wird durch die ständige innere Alarmbereitschaft blockiert. Wer ständig unter Strom steht, hat auch weniger Kapazitäten für bewusste Entscheidungen. Emotionale Impulse gewinnen die Oberhand – gerade in Bezug auf Essen.
Die psychologische Komponente darf hier nicht unterschätzt werden: Cortisol beeinflusst nicht nur den Stoffwechsel, sondern auch unsere Stimmungen. Es verstärkt Angst, Nervosität und innere Unruhe. In dieser Verfassung neigen wir zu emotionalem Essen – nicht aus Hunger, sondern zur Selbstberuhigung. Essen wird zur kurzfristigen Lösung für ein inneres Ungleichgewicht. Der Körper verlangt nach schnellen Kohlenhydraten, Zucker, Fett – all das, was kurzfristig Glückshormone ausschüttet, aber langfristig den Gewichtsverlust sabotiert.
Und genau hier beginnt der Teufelskreis: Die Frustration über das Ausbleiben von Erfolgen erhöht wiederum den inneren Druck, verstärkt das Gefühl von Kontrollverlust und führt erneut zu einem Anstieg von Cortisol. Aus psychologischer Sicht geht es beim Thema Abnehmen also nicht nur um Disziplin oder einen perfekten Ernährungsplan – sondern um das Verständnis für die eigene Stressregulation.
Solange Stress das Nervensystem in einem Zustand der Übererregung hält, bleibt der Körper im Widerstand gegen Veränderung. Erst wenn der innere Druck abnimmt, wenn Ruhe, Selbstmitgefühl und psychische Sicherheit entstehen, kann sich auch der Stoffwechsel normalisieren. Wer also abnehmen möchte, tut gut daran, nicht nur den Kalorienverbrauch zu beobachten, sondern auch auf die eigene seelische Balance zu achten. Nicht selten ist der Schlüssel zum Gewichtsverlust kein neuer Diätplan – sondern der Mut zur inneren Entspannung.


